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Schlichten statt Richten

Inhalt

1. Was bedeutet schlichten?

2. Warum schlichten statt richten?

3 Wann muss ich zum Schlichter?

4. Wann ist eine Schlichtung ungeeignet?

5. Wie finde ich das geeignete Verfahren?

6. Wenn ich schon bei Gericht bin?

7. Die einzelnen Verfahren und Ansprechpartner

 

1. Was bedeutet schlichten?

In Streitfällen steht Ihnen der Weg zu den staatlichen Gerichten offen. Es gibt aber auch Möglichkeiten, Konflikte ohne die staatlichen Gerichte zu lösen. Hierfür stehen Ihnen - je nach Rechtsgebiet und Verfahrensweise - unterschiedliche außergerichtlliche Streitschlichtungsverfahren zur Verfügung.

        a) Das Verfahren bei Ausbildungsstreitigkeiten
        b) Das Sühneverfahren
        c) Das Verfahren vor Schiedsgerichten
        d) Die Einholung von Schiedsgutachten
        e) Das Verfahren vor anerkannten Gütestellen
        f)  Das Verfahren vor Schlichtungsstellen
        g) Die Mediation
        h) Grenzüberschreitende Verbraucherstreitigkeiten

Welche Vorteile eine außergerichtliche Streitschlichtung gegenüber einem Verfahren vor den staatlichen Gerichten haben kann und was sich hinter den einzelnen Verfahren verbirgt, können Sie im Folgenden erfahren.

Im Folgenden sprechen wir von "Schlichtung" oder "Schlichtungsverfahren", wenn Verfahren gemeint sind, die nicht vor staatlichen Gerichten stattfinden.

 

2. Warum schlichten statt richten?

Die staatlichen Gerichte gewähren Ihnen in Streitfällen Rechtsschutz. Manchmal kann es aber besser sein, zum Schlichter statt zum Richter zu gehen. Warum?

  • Schlichten kann mehr Frieden schaffen als richten.

Bei einem Richterspruch unterliegt mindestens einer der Streitenden; bei einer Schlichtung können oft beide gewinnen. Das vermeidet künftige Konflikte.

     •  Schlichten kann Konflikte umfassender lösen.

Der Richter betrachtet Ihren Fall regelmäßig aus rechtlicher Sicht. Die Konfliktursache liegt aber oft im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich. Wer dort ansetzt, kann den Konflikt "an der Wurzel" packen.

  • Schlichten können Fachleute, richten nur Juristen.

Richter sind Juristen. Dreht sich der Konflikt um komplexe technische oder wirtschaftliche Fragen, müssen sie Fachleute hinzuziehen. Das gilt beispielsweise bei Baumängeln oder ärztlichen Behandlungsfehlern. Als Schlichter können dagegen Sie von vornherein einen Fachmann der jeweiligen Branche wählen.

  • Schlichten kann Ihre Geheimnisse wahren.

Gerichtsverhandlungen sind grundsätzlich öffentlich, Schlichtungsverfahren nicht. Dadurch können Ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse besser gewahrt werden.

  • Schlichten kann Zeit und Geld sparen.

Generell gilt: Wie lange ein Schlichtungsverfahren dauert und wieviel es kostet, hängt von den Parteien und ihren Vereinbarungen mit dem Schlichter ab. In jedem Fall kann eine einvernehmlich gefundene Lösung aber schneller umgesetzt werden und helfen, einen langen Rechtsstreit über mehrere Instanzen hinweg zu vermeiden. Das spart Zeit und Geld.

 

 3. Wann muss ich zum Schlichter?

In einigen Fällen schreibt das Gesetz vor, dass Sie zunächst einen Schlichtungsausschuss anrufen oder ein Sühneverfahren durchlaufen müssen, bevor Sie sich an ein staatliches Gericht wenden können:

  • Bei Ausbildungsstreitigkeiten über bestehende Ausbildungsverhältnisse müssen Auszubildende und Ausbilder vor der Erhebung der Klage beim Arbeitsgericht zunächst einen Schlichtungsausschuss anrufen, wenn in dem betroffenen Bereich ein Schlichtungsausschuss gebildet wurde. Näheres dazu erfahren Sie hier.
  • In strafrechtlichen Angelegenheiten müssen Sie als Verletzter oder Strafantragsberechtigter bei bestimmten Delikten zunächst ein Sühneverfahren durchführen, bevor Sie vor dem Strafrichter eine Privatklage gegen den Beschuldigten erheben können. Näheres darüber erfahren Sie hier.

 

4. Wann ist eine Schlichtung ungeeignet?

Nicht alle Streitfälle sind für eine außergerichtliche Streitschlichtung gleichermaßen geeignet. Entscheidend für den Erfolg der Schlichtung ist, dass beide Parteien sich darauf verständigen, auf diesem Weg nach einer Lösung des Streitfalls zu suchen. Eine Schlichtung ist deshalb regelmäßig ungeeignet, wenn

  • Ihr Gegner eine Einigung endgültig ablehnt.

Da sämtliche Schlichtungsverfahren letztlich auf Freiwilligkeit basieren, ergibt eine Schlichtung keinen Sinn, wenn sich Ihr Gegner dem Verfahren ernsthaft und endgültig verweigert.

  • Ihr Gegner zahlungsunfähig ist.

Beruht der Streitfall nicht darauf, dass Ihr Gegner nicht zahlen will, sondern darauf, dass er nicht zahlen kann, dürfte eine Schlichtung nur in Ausnahmefällen Sinn ergeben. Etwa dann, wenn Ziel die Vereinbarung einer Ratenzahlung oder eine anderweitige Schuldenbereinigung ist.

  • der Streitfall auch Dritte berührt.

Da eine Einigung in der Schlichtung nur zwischen denen wirkt, die an der Schlichtung teilgenommen haben, können Probleme auftreten, wenn der Streitfall auch Dritte berührt, die nicht in das Schlichtungsverfahren einbezogen werden.

 

5. Wie finde ich das geeignete Verfahren?

Sofern für Ihren Streitfall nicht ein besonderes Schlichtungsverfahren wie z.B. das Sühneverfahren zwingend vorgeschrieben ist und eine Schlichtung auch nicht ausnahmsweise ungeeignet erscheint, können Sie zwischen verschiedenen Schlichtungsverfahren wählen.

Gemeinsam ist allen Schlichtungsverfahren, dass sie nur durchgeführt werden können, wenn Sie sich mit Ihrem Gegner darauf verständigen. Eine solche Verständigung kann auch erfolgen, nachdem eine Seite bereits einen Schlichter angerufen hat. Viele Schlichter werden schon auf Antrag einer Partei tätig und übernehmen die Kontaktaufnahme zum Gegner.

Je nach Art Ihres Streitfalles sind einzelne Schlichtungsverfahren für Sie besser oder schlechter geeignet. Eine Vorauswahl können Sie anhand folgender Kriterien treffen:

  • Verbindliche Entscheidung durch Dritte.

Sie möchten sich der verbindlichen Entscheidung eines Dritten unterwerfen und verzichten endgültig auf die Möglichkeit, ein staatliches Gericht anzurufen? In diesem Fall kann zur Lösung Ihres Streitfalls ein Verfahren vor einem Schiedsgericht geeignet sein. Falls Gegenstand Ihres Streitfalles in erster Linie nicht rechtliche, sondern tatsächliche Fragen sind, kommt die Einholung eines Schiedsgutachtens in Betracht.

  • Drohende Verjährung oder Vollstreckung.

Falls Ihr Anspruch zu verjähren droht oder Sie darauf Wert legen, dass eine vor dem Schlichter erreichte Einigung wie ein gerichtlicher Vergleich vollstreckt werden kann, sollten Sie sich an eine staatlich anerkannte Gütestelle wenden.

  • Branchenspezifische Streitigkeiten.

Falls Ihr Streitfall spezifische Fragen aus einer bestimmten Branche, etwa des Handwerks, des Kfz- oder Baugewerbes, des Handels, des Bereichs Banken und Versicherungen, des Personenverkehrs mit Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff, der Telefondienste oder der Energie betrifft, kann die Anrufung einer von einer Standesorganisation, einer Innung, einem Berufsverband oder einem Verein getragenen Schlichtungsstelle sinnvoll sein, die auf diesen Bereich spezialisiert ist.

  • Besondere Konfliktlösungstechnik.

Wenn Sie die Lösung Ihres Streitfalles mit Ihrem Gegner gemeinsam erarbeiten wollen oder wenn die Ursache Ihres Streitfalls nicht rechtlicher, sondern geschäftlicher oder sozialer Natur ist, kann sich die Durchführung einer Mediation empfehlen.

 

6. Wenn ich schon bei Gericht bin?

Selbst wenn Ihr Streitfall schon bei einem staatlichen Gericht anhängig ist, kann es Sinn ergeben, über eine außergerichtliche Schlichtung nachzudenken.

Zwar gehört es auch zu den Aufgaben des Gerichts, eine gütliche Einigung zwischen den Parteien zu erreichen. Das Gericht kann die Parteien darüber hinaus für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche auch vor einen hierfür eigens bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (sog. "Güterichter") verweisen, der alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation anwenden kann. Kommt dabei aber eine Einigung nicht zustande, muss das Gericht den Rechtsstreit durch Urteil oder Beschluss entscheiden.

In bestimmten Fällen kann es hilfreich sein, mit Hilfe einer dritten Person (z.B. eines Fachmanns oder einer Fachfrau) außerhalb des Gerichts einen Schlichtungsversuch zu unternehmen. Falls Sie und Ihr Gegner zu einem solchen Schlichtungsversuch bereit sind, kann das gerichtliche Verfahren vorübergehend zum Ruhen gebracht werden. Sie können dann ein für Sie geeignetes Schlichtungsverfahren auswählen und durchführen.

 

7. Die einzelnen Verfahren     

a)  Das Verfahren bei Ausbildungsstreitigkeiten
b)  Das Sühneverfahren
c)  Das Verfahren vor Schiedsgerichten
d)  Die Einholung von Schiedsgutachten
e)  Das Verfahren vor anerkannten Gütestellen
f)  Das Verfahren vor Schlichtungsstellen
g)  Die Mediation
h)  Grenzüberschreitende Verbraucherstreitigkeiten

 

a) Das Verfahren bei Ausbildungsstreitigkeiten

Bei bestimmten Streitigkeiten über bestehende Ausbildungsverhältnisse müssen Auszubildende und Ausbilder vor der Erhebung der Klage beim Arbeitsgericht zunächst einen Schlichtungsausschuss anrufen, falls ein solcher im betroffenen Bereich gebildet wurde.

Zuständig für die Bildung eines Schlichtungsausschusses ist im Handwerk die jeweilige Innung, für Gewerbebetriebe die Industrie- und Handelskammer und für die freien Berufe die jeweilige Berufskammer. Eine Auswahl der in Baden-Württemberg gebildeten Schlichtungsausschüsse finden Sie hier. Sollte Ihr Bereich dort nicht genannt sein, ist nicht ausgeschlossen, dass dennoch ein Schlichtungsausschuss besteht. Sie sollten sich deshalb bei Ihrem Arbeitnehmervertreter erkundigen.

Besteht ein Schlichtungsausschuss, ist er paritätisch mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern besetzt. Der Ausschuss hat die Parteien mündlich anzuhören. Kommt eine Einigung nicht zustande, trifft der Ausschuss eine Entscheidung. Wird diese nicht innerhalb einer Woche von beiden Parteien anerkannt, können beide Parteien innerhalb von zwei Wochen nach der ergangenen Entscheidung Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. Aus den vom Ausschuss getroffenen Entscheidungen und aus Vergleichen, die vor dem Schlichtungsausschuss geschlossen wurden, kann wie aus einem gerichtlichen Urteil vollstreckt werden.

 

b) Das Sühneverfahren

Wird eine Straftat begangen, erhebt grundsätzlich die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Beschuldigten. Bei einigen Delikten können Sie aber selbst eine Privatklage vor dem Strafrichter beim Amtsgericht erheben, wenn Sie durch die Straftat verletzt wurden oder aus anderem Grund zur Stellung eines Strafantrags befugt sind.

Bei folgenden Delikten ist eine Privatklage allerdings erst zulässig, nachdem ein Sühneversuch erfolglos durchgeführt wurde:

  • Hausfriedensbruch,
  • Beleidigung,
  • Verletzung des Briefgeheimnisses,
  • Körperverletzung (§§ 223 und 229 des Strafgesetzbuchs),
  • Bedrohung,
  • Sachbeschädigung.

Der Sühneversuch ist nicht nötig, wenn Sie und der Beschuldigte nicht in derselben Gemeinde wohnen.

Ist ein Sühneversuch nötig, müssen Sie bei der Vergleichsbehörde die Anberaumung eines Sühnetermins beantragen. Vergleichsbehörde ist in der Regel der Bürgermeister der Gemeinde, in der Sie und der Beschuldigte wohnen. Dieser kann aber einen Gemeindebediensteten oder eine andere Person damit beauftragen. Im Sühnetermin, zu dem Sie und der Beschuldigte auf Anordnung persönlich erscheinen müssen, wirkt die Vergleichsbehörde auf eine Aussöhnung hin.

Das Ergebnis des Sühneversuchs ist in einer Niederschrift festzuhalten.

Falls der Beschuldigte zum Sühnetermin nicht erscheint oder der Versuch einer gütlichen Einigung im Sühnetermin scheitert, erhalten Sie eine Bescheinigung über die Erfolglosigkeit des Sühneversuchs, mit der Sie anschließend Privatklage erheben können.

Für die Durchführung des Sühneverfahrens werden Gebühren von 10 bis 50 Euro erhoben. Soweit sonstige Kosten anfallen, etwa Fahrtkosten oder Anwaltskosten, sollte im Rahmen der gütlichen Einigung eine Vereinbarung über die Kostentragung getroffen werden. Scheitert der Sühneversuch und wird Privatklage erhoben, ist in diesem Verfahren über die Kosten des Sühneversuchs mit zu entscheiden.

 

c) Das Verfahren vor Schiedsgerichten

Ein Schiedsgericht ist ein Gericht, das nicht vom Staat, sondern von Privatpersonen eingerichtet wird. Als privates Gericht kann es nur tätig werden, wenn Sie und Ihr Gegner sich ihm unterwerfen.

Eine solche Unterwerfung erfolgt durch den Abschluss einer Schiedsvereinbarung. In dieser Schiedsvereinbarung bestimmen Sie und Ihr Gegner, dass Ihr Streitfall nicht durch staatliche Gerichte, sondern durch ein Schiedsgericht entschieden werden soll. Beim Abschluss der Schiedsvereinbarung müssen Sie besondere Formvorschriften (§ 1031 der Zivilprozessordnung) beachten. Durch die Schiedsvereinbarung wird der Weg zu den staatlichen Gerichten ausgeschlossen; die Entscheidung des Schiedsgerichts ist also verbindlich.

Auch im schiedsgerichtlichen Verfahen steht das Ziel einer gütlichen Einigung im Vordergrund. Scheitert eine Einigung, entscheidet das Schiedsgericht aber wie ein staatliches Gericht durch Schiedsspruch, der beide Parteien bindet. Anders als bei staatlichen Gerichten gibt es dagegen kein Rechtsmittel, die Entscheidung ist also endgültig.

Es gibt zwei Arten von Schiedsgerichten: Das Gelegenheitsschiedsgericht (ad-hoc-Schiedsgericht) und das ständige Schiedsgericht (institutionelles Schiedsgericht). Das ständige Schiedsgericht wird von einem Träger organisiert und den Streitparteien bei Bedarf zur Verfügung gestellt. Das Gelegenheitsschiedsgericht wird aus Anlass eines bestimmten Streitfalls gebildet, seine Besetzung wird regelmäßig durch die Streitparteien vereinbart.

Haben Sie mit Ihrem Gegner eine Schiedsvereinbarung geschlossen, können Sie das schiedsgerichtliche Verfahren einleiten, indem Sie Ihrem Gegner den Antrag übermitteln, den Streitfall dem Schiedsgericht vorzulegen. Geht Ihrem Gegner dieser Antrag zu, wird die Verjährung des Anspruchs, um den es geht, gehemmt. Falls Sie sich auf kein ständiges Schiedsgericht geeinigt haben, müssen anschließend die Schiedsrichter bestellt werden.

Das Verfahren bestimmt sich in der Regel nach der Schiedsordnung des Schiedsgerichts. Diese wird ergänzt durch die Zivilprozessordnung. Das Verfahren endet mit dem Schiedsspruch. Haben Sie sich mit Ihrem Gegner geeinigt, gibt der Schiedsspruch Ihre Einigung wieder, ansonsten entscheiden die Schiedsrichter. Aus dem Schiedsspruch können Sie, wie aus dem Urteil eines staatlichen Gerichts, die Zwangsvollstreckung betreiben. Das gilt aber erst, nachdem der Schiedsspruch durch ein staatliches Gericht für vollstreckbar erklärt wurde.

Welche Kosten durch die Anrufung eines ständigen Schiedsgerichts entstehen, hängt von dessen jeweiligen Gebührensätzen ab. Bei Gelegenheitsschiedsgerichten kommt es auf die Vergütungsvereinbarung an, die Sie und Ihr Gegner mit den Schiedsrichtern treffen. Grundsätzlich fallen durch die Tätigkeit eines Schiedsgerichts aber nicht unerhebliche Kosten an, so dass dieses Verfahren nur bei hohen Streitwerten sinnvoll ist.

 

d) Die Einholung von Schiedsgutachten

Wollen Sie und Ihr Gegner nicht einen gesamten Streitfall, sondern nur einzelne tatsächliche Fragen außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit verbindlich klären lassen, können sie die Einholung eines Schiedsgutachtens vereinbaren (Schiedsgutachtenabrede). Eine solche Abrede kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn Sie sich nur über tatsächliche Fragen streiten, die durch einen Sachverständigen geklärt werden können.

Haben Sie mit Ihrem Gegner eine Schiedsgutachtenabrede getroffen, sollten Sie gemeinsam mit ihm einen Schiedsgutachter mit der Erstattung des Schiedsgutachtens beauftragen. Der Schiedsgutachter entscheidet in seinem Gutachten über die streitigen tatsächlichen Fragen. An seine Entscheidung ist grundsätzlich auch ein staatliches Gericht gebunden, dem Sie später Ihren Streitfall vortragen. Falls Sie sich nur über diejenigen tatsächlichen Fragen streiten, die Gegenstand des Schiedsgutachtens sind, wird der Streitfall aber im Zweifel mit der Erstattung des Schiedsgutachtens erledigt sein.

Welche Kosten bei der Erstattung des Schiedsgutachtens anfallen, bestimmt sich nach der Vergütungsvereinbarung, die Sie und Ihr Gegner mit dem Schiedsgutachter treffen.

 

e) Das Verfahren vor anerkannten Gütestellen

Anerkannte Gütestellen sind Personen oder Vereinigungen, die

  • die Gewähr für eine von den Parteien unabhängige, objektive und qualifizierte Schlichtung bieten,
  • Schlichtung als dauerhafte Aufgabe betreiben und
  • nach einer Verfahrensordnung vorgehen, die in ihren wesentlichen Teilen dem Verfahrensgang nach dem Schlichtungsgesetz (das bis zum 30. April 2013 galt) entspricht.

Liegen diese Voraussetzungen vor, wird die Gütestelle auf Antrag von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landgerichts, in dem die Gütestelle ihren Sitz hat, anerkannt. Die in Baden-Württemberg anerkannten Gütestellen werden überwiegend von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten geführt.


Das Verfahren vor einer anerkannten Gütestelle weist zwei Besonderheiten auf:

  • Hemmung der Verjährung durch Güteantrag

Mit der Einreichung eines Antrags auf Durchführung des Verfahrens bei einer anerkannten Gütestelle können Sie die Verjährung des Anspruchs, um den es geht, hemmen.

  • Zwangsvollstreckung aus Gütestellenvergleich

Einigen Sie sich mit Ihrem Gegner vor einer anerkannten Gütestelle, können Sie aus der protokollierten Einigung die Zwangsvollstreckung betreiben wie aus einem vor Gericht geschlossenen Vergleich.

Im Gegensatz zum Schiedsgericht und zum Schiedsgutachter entscheidet die anerkannte Gütestelle Ihren Streitfall nicht, sondern versucht, durch Vermittlung zwischen Ihnen und Ihrem Gegner, eine gütliche Einigung herbeizuführen.

Die Gütestelle wird regelmäßig nur tätig, wenn Ihr Gegner der Durchführung des Verfahrens zustimmt. Das heißt aber nicht, dass Sie schon den Güteantrag gemeinsam mit Ihrem Gegner stellen müssen. Gütestellen werden häufig auf Antrag einer Partei tätig und übernehmen die Kontaktaufnahme mit dem Gegner. Jede anerkannte Gütestelle hat eine Verfahrensordnung, in der der Ablauf des Verfahrens vor dieser Gütestelle festgeschrieben ist.

Die Tätigkeit der Gütestelle ist in aller Regel kostenpflichtig, wobei häufig eine Vergütung nach Stundensätzen zu bezahlen ist. Grundlage dafür ist eine zwischen Ihnen, Ihrem Gegner und der Gütestelle abzuschließende Verfahrensvereinbarung. Zwischen den verschiedenen Gütestellen bestehen dabei große Unterschiede. Scheitert das Güteverfahren und wird anschließend Klage erhoben, wird dort mitentschieden, wer die Kosten der anerkannten Gütestelle zu tragen hat.

Hier gelangen Sie zu den Verzeichnissen der anerkannten Gütestellen in den verschiedenen Landgerichtsbezirken Baden-Württembergs. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit einer Gütestelle örtlich nicht auf den Landgerichtsbezirk, in dem sie anerkannt ist, beschränkt sein muss. 

Bitte beachten Sie, dass die Informationen zu den anerkannten Gütestellen auf den Angaben der jeweiligen Gütestelle beruhen. Sie können im Einzelfall nicht mehr aktuell sein. Für die Angaben können wir deshalb keine Gewähr übernehmen. Sofern Sie sich für die Inanspruchnahme einer anerkannten Gütestelle interessieren, sollten Sie dort die aktuelle Verfahrensordnung und die Kostenregelungen erfragen.



f) Das Verfahren vor Schlichtungsstellen

Eine Schlichtungsstelle ist eine Einrichtung, die versucht, in Streitfällen eine gütliche Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen. Diese Einrichtungen werden vielfach als Schiedsstellen, Beschwerdestellen, Einigungsstellen, Ombudsleute oder Vermittlungsstellen bezeichnet. Im Folgenden werden diese Einrichtungen aus Vereinfachungsgründen unter dem Begriff "Schlichtungsstellen" zusammengefasst.

Viele Schlichtungsstellen werden von einem Träger als ständige Einrichtungen organisiert und den Streitparteien bei Bedarf zur Verfügung gestellt. Träger dieser institutionellen Schlichtungsstellen sind beispielsweise Innungen, Handwerkskammern, Kammern der freien Berufe, Industrie- und Handelskammern oder Vereine. Diese Träger sind teilweise gesetzlich zur Einrichtung von Schlichtungsstellen verpflichtet. Die Schlichter dieser institutionellen Schlichtungsstellen verfügen meist über besondere Sachkunde in der jeweiligen Branche, die bei der Lösung Ihres Streitfalls von Nutzen sein kann. Bei vielen Schlichtungsstellen wird ein Streitfall gleichzeitig von mehreren Schlichtern bearbeitet, wobei neben einem Juristen auch ein Vertreter der jeweiligen Branche tätig wird.

Eine Schlichtungsstelle kann aber auch aus Anlass eines einzelnen Streitfalls errichtet werden (ad-hoc-Schlichtungsstelle).

Anders als im Verfahren vor dem Schiedsgericht oder bei der Einholung eines Schiedsgutachtens wird Ihr Streitfall durch die Schlichtungsstelle nicht entschieden. Diese versucht vielmehr durch Vermittlung zwischen Ihnen und Ihrem Gegner eine Einigung herbeizuführen. In Ausnahmefällen kann es sein, dass eine Partei an den Schlichterspruch gebunden ist. Das gilt beispielsweise für das Innungsmitglied bei einigen Innungs-Schlichtungsstellen oder falls sich die Parteien in einer Schlichtungsvereinbarung dem Schlichterspruch unterwerfen.

Das Verfahren vor einer Schlichtungsstelle und das Verfahren vor einer anerkannten Gütestelle bzw. die Mediation schließen sich nicht aus. Eine Schlichtungsstelle kann zugleich anerkannte Gütestelle sein oder die Vermittlung zwischen den Streitparteien als Mediation betreiben.

Sofern eine Schlichtungsstelle nicht zugleich anerkannte Gütestelle ist, ist zu beachten, dass

  • ihre Anrufung keine Hemmung der Verjährung des Anspruchs bewirkt, um den es geht,
  • aus einer vor ihr getroffenen Einigung nicht wie aus einem gerichtlichen Vergleich die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann. Sind beide, Sie und Ihr Gegner, anwaltlich vertreten, kann eine Einigung aber als Anwaltsvergleich abgeschlossen und anschließend für vollstreckbar erklärt werden.

Eine Schlichtungsstelle wird in der Regel nur tätig, wenn Ihr Gegner der Schlichtung zustimmt. Das heißt aber nicht, dass Sie die Schlichtungsstelle gemeinsam mit Ihrem Gegner anrufen müssen. Viele Schlichtungsstellen werden schon auf Antrag einer Partei tätig und übernehmen die Kontaktaufnahme mit dem Gegner. Die meisten Schlichtungsstellen setzen voraus, dass Sie und Ihr Gegner in einer mit der Schlichtungsstelle abzuschließenden Schlichtungsvereinbarung deren Schlichtungsordnung anerkennen. Im Einzelnen ist der Ablauf des Verfahrens vor einer Schlichtungsstelle sehr unterschiedlich.

Schlichtungsstellen, deren Träger Innungen oder Kammern der freien Berufe sind, verlangen oftmals keine Gebühren. In anderen Fällen werden Gebühren erhoben, die sich entweder am Streitwert oder am Zeitaufwand der Schlichter orientieren. Grundlage dafür ist in der Regel die Schlichtungsvereinbarung. Ihre eigenen Kosten, die Kosten Ihrer Rechtsanwältin oder Ihres Rechtsanwalts sowie etwaige Kosten für die Einholung von Sachverständigengutachten müssen Sie stets selbst tragen. Im Einzelnen bestehen bei den verschiedenen Schlichtungsstellen große Unterschiede. Auch dazu können Sie Näheres den Verzeichnissen von institutionellen Schlichtungsstellen entnehmen, die zur besseren Übersicht nach der Art der Streitigkeit, um die es geht, aufgeführt sind:

Bürgerliches Recht, Miete und Nachbarrecht

Handels-, Gesellschafts- und Wettbewerbsrecht

Banken, Versicherungen und Berater

Handwerk und Dienstleistungen

Energie, Telefondienste, Transport, Verkehr und Reisen

Medizin

Ausbildungsverhältnisse

Bitte beachten Sie, dass die angegebenen Schlichtungsstellen keinem besonderen Anerkennungs- oder Prüfungsverfahren durch das Justizministerium Baden-Württemberg unterzogen wurden. Die Angaben beruhen auf Befragungen der jeweiligen Schlichtungsstellen und können im Einzelfall nicht mehr aktuell sein. Für die Angaben können wir deshalb keine Gewähr übernehmen. Sofern Sie sich für die Inanspruchnahme einer Schlichtungsstelle interessieren, sollten Sie dort die aktuellen Verfahrens- und Kostenregelungen anfordern.

 

g) Die Mediation

Wörtlich übersetzt bedeutet Mediation "Vermittlung". Dementsprechend versucht die Mediatorin oder der Mediator, als neutraler Dritter zwischen den Streitparteien zu vermitteln. Die Streitparteien sollen dabei in erster Linie selbst eine Lösung erarbeiten. Die Aufgabe der Mediatorin oder des Mediators besteht darin, ihnen auf diesem Weg zu helfen. Die rechtliche Beurteilung des Streitfalls steht nicht im Vordergrund. Statt dessen gilt es zu ergründen, welche gegensätzlichen wirtschaftlichen oder sozialen Interessen den Streitfall verursacht haben und wodurch er verfestigt wurde. Ziel der Mediation ist es, eine für beide Seiten möglichst vorteilhafte Einigung zu finden.

Da Ziel der Mediation die eigenverantwortliche und einvernehmliche Belegung eines Konflikts ist, entscheidet die Mediatorin oder der Mediator Ihren Streit nicht, wenn es zu keiner Einigung kommt

Zum Ablauf des Mediationsverfahrens: Zu Beginn der Mediation steht regelmäßig eine zwischen Ihnen, Ihrem Gegner und der Mediatorin oder dem Mediator geschlossene Mediationsvereinbarung, in der die Grundlagen des Verfahrens geregelt werden. Die eigentliche Mediation beginnt danach mit der Feststellung der Konfliktfelder. Dies ist die Grundlage dafür, dass Sie und Ihr Gegner in einer weiteren Phase unter Mithilfe der Mediatorin oder des Mediators Verständnis für die Sichtweise des jeweils anderen und die dahinter stehenden Interessen gewinnen. Sind die Interessen genau herausgearbeitet, wird in einer abschließenden Phase gemeinsam eine Lösungsmöglichkeit entwickelt, die in einer Abschlussvereinbarung festgehalten wird.

Sofern die Mediatorin oder der Mediator nicht zugleich anerkannte Gütestelle ist, ist zu beachten, dass

  • die Einschaltung keine Hemmung der Verjährung des Anspruchs, um den es geht, bewirkt,
  • aus einer getroffenen Abschlussvereinbarung nicht wie aus einem gerichtlichen Vergleich die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann. Sind beide, Sie und Ihr Gegner, anwaltlich vertreten, kann die Abschlussvereinbarung aber als Anwaltsvergleich abgeschlossen und anschließend für vollstreckbar erklärt werden.

Für die Tätigkeit der Mediatorin oder des Mediators ist üblicherweise ein Stundenhonorar zu entrichten, das in der Mediationsvereinbarung geregelt wird. Oftmals wird eine zusätzliche Vergütung vorgesehen, wenn die Parteien eine Abschlussvereinbarung treffen. Die Höhe der Stundensätze unterscheidet sich je nach Mediatorin/Mediator.

Als Mediatorinnen und Mediatoren sind sowohl Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit entsprechender Zusatzausbildung als auch Angehörige psycho-sozialer Berufe tätig. Als zertifizierte Mediatorin/zertifizierter Mediator darf sich allerdings nur bezeichnen, wer eine Ausbildung zum Mediator abgeschlossen hat, die den Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 6 des Mediationsgesetzes entspricht.

Viele Organisationen, die sich der Förderung der Mediation widmen, bilden Mediatoren selbst aus und können Ihnen Mediatoren in Ihrer Nähe benennen. Ein Verzeichnis solcher Organisationen finden Sie hier.



h) Grenzüberschreitende Verbraucherstreitigkeiten

In Zeiten des Internets haben Streitfälle immer häufiger grenzüberschreitenden Charakter - etwa weil eine im EU-Ausland bestellte Ware nicht geliefert wurde.

In Fällen, in denen Sie als Verbraucherin oder Verbraucher aus berechtigtem Grund nicht mit dem Produkt oder der Dienstleistung des Anbieters zufrieden sind, kann eine Schlichtung sinnvoll sein, um ein aufwändiges Gerichtsverfahren zu vermeiden. Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland – Kehl  hilft Ihnen immer dann weiter, wenn Sie mit Ihren eigenen Bemühungen keinen Erfolg hatten, den Anbieter im EU-Ausland zum Einlenken zu bewegen. Es koordiniert Schlichtungsverfahren in der Europäischen Union und informiert Sie als Verbraucherin oder Verbraucher über den Verlauf und die Besonderheiten solcher Verfahren.

In umgekehrter Richtung helfen die Juristen in Kehl Verbraucherinnen und Verbrauchern aus dem EU-Ausland bei Beschwerden und Rechtsstreitigkeiten mit Anbietern in Deutschland.

Das EVZ Deutschland - Kehl wird gefördert durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und durch die Europäische Kommission. Es ist Teil des Netzwerks Europäischer Verbraucherzentren (ECC-Net). Um grenzüberschreitende Verbraucherstreitfälle außergerichtlich beizulegen, arbeiten Juristen im Netzwerk Europäischer Verbraucherzentren mit ihren Kollegen in den 28 EU-Staaten sowie in Norwegen und Island eng zusammen.

Das EVZ Deutschland

  • hält auf seiner Internetseite alles Wissenswerte über Ihre Rechte und Pflichten als Verbraucherin oder Verbraucher in Europa bereit,
  • berät Sie, wenn Sie individuelle Fragen vor dem Einkauf im Ausland haben, z. B. vor dem Abschluss einer Reisebuchung,
  • hilft Ihnen, Ihren Rechtsstreit mit einem Anbieter mit Sitz in einem anderen EU-Land, in Norwegen, Island oder dem Vereinigten Königreich außergerichtlich beizulegen.

Die Unterstützung und Beratung durch das Europäische Verbraucherzentrum ist für Verbraucherinnen und Verbraucher kostenlos.

Sie erreichen das Europäische Verbraucherzentrum unter:

Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland
c/o Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e.V.
Bahnhofsplatz 3
77694 Kehl
Tel. 0 78 51 / 99 148 - 0
Fax 0 78 51 / 99 148 - 11
E-Mail info@cec-zev.eu
Internet www.eu-verbraucher.de

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